Erfahrungsbericht: meine Wanderschuhe
Der Grund, warum es HikingTrailView.com gibt: damit du dir vor einer Wanderung ein eigenes Bild von der Wegbeschaffenheit machen kannst. Deshalb findest du hier auch die übertrieben ausführliche Bilddokumentation in meinen Panoramatouren. Über die 360°-Umsicht möchte ich dir ermöglichen, die Wege besser einschätzen zu können – insbesondere damit du dein Schuhwerk individuell besser wählen kannst.
Die Idee dazu entstand auf meiner ersten größeren Wanderung: der Otter Trail (Link zur offiziellen Nationalpark-Website), eine ca. 40 Kilometer lange 5-Tages-Tour entlang der Küste des Tsitsikamma Nationalparks in Südafrika. Ich hatte so gut wie keine Wandererfahrung. Und einige meiner Mitstreiter offensichtlich noch weniger. Nur wenige trugen moderne Wanderschuhe, die perfekt zu den Begebenheiten passten. Es waren erfahrene Wanderer, die sicher ihre Einschätzung geteilt hätten, wenn wir sie vorher gefragt hätten. Hätte, hätte Hangelkette. Die meisten von uns sind einfach blauäugig drauf losgelaufen.
Sich ein genaues Bild vom Weg machen – vor dem Start
Die Folgen: schmerzhafte Blasen und eine wirklich gefährliche Überdehnung eines Sprunggelenks. Im ersten Fall lag es an brandneuen Wanderstiefeln. Sie waren weder ordentlich eingelaufen noch saßen sie richtig. Ab dem zweiten Tag ging es da humpelnd immer mit leichten Schmerzen weiter, die mit viel Tapeverband und Blasenpflastern nur schwach gelindert wurden. Im Fall der Bänderdehnung wurden die letzten Etappen leider zu einer echten Tortur. Zwar wurde abwechselnd Gepäck abgenommen und immer wieder gestützt und gewartet, aber wirklich genießen konnte die verletzte Person den wunderschönen Wanderweg nicht mehr. Zwar können immer Unfälle passieren, aber in der Vorbereitung gab es einfach eine schwerwiegende Entscheidung bei der Wahl der Schuhe: Joggingschuhe. Mit diesem Blog-Eintrag möchte ich meine persönlichen Erfahrungen wiedergeben, die ich mit meiner sehr unterschiedlichen Schuhauswahl für meine Wanderungen gemacht habe.
Die Schuhe, die ich auf dem Otter Trail benutzt hatte, waren leichte knöchelhohe Lederboots von Panama Jack. Ein Foto habe ich von ihnen leider nicht. (Das hier abgebildete Paar ist nur ein ähnliches, etwas schwereres Modell.) Und ich weiß auch nicht mehr, wie sie genau hießen. Aber die aktuellen Gael Lederstiefeletten von Panama Jack (Link zu Salamander.de)* kommt ihnen wohl am nächsten.
Vorweg: Sie waren nur bedingt für die Wanderung geeignet. Ich hatte sie vorher schon ca. 1,5 Jahre im Alltagsgebrauch. Deshalb waren sie wirklich sehr bequem. Aus Leder gefertigt, eigneten sie sich zudem sehr gut für Wanderungen in der Hitze Südafrikas. Allerdings gab das Material nach mehreren Stunden immer etwas nach. Auch regelmäßiges Schnüren konnte den Halt in den Schuhen nicht mehr groß erhöhen. Schließlich waren ihre Sohlen auch zu dünn und boten zu wenig Profil. Das führte dazu, dass die Schuhe nicht genug vor seitlichen Stößen schützten. Und die zum Teil sehr scharfen Steine und Felsen, die es auf dem Ottertrail zu überwinden gab, waren deutlich durch die Sohlen hindurch zu spüren. Auf so langen Strecken bedeutet das für die müden Füße immer wieder schmerzhafte Momente.
Grundsätzlich halte ich aber sehr viel von klassischen Lederboots. Für Eintagestouren und in warmen Gefilden sind sie für mich eine echte Alternative zu modernen Hightech-Wanderstiefeln. Mit den Schuhen für den Ottertrail bin ich zum Beispiel sehr oft auf den Lion’s Head in Kapstadt gewandert – ebenso wie mit meinem zweiten Paar klassischer Lederstiefel, das ich weiter unten auch mit Foto vorstelle.
Aber der Reihe nach: Erstmal möchte ich über meine ersten richtigen Bergstiefel sprechen: Die Trekkingstiefel BORNEO 2 MFS von Meindl (Link zu Globetrotter.de)*. Ich kaufte sie für meine Besteigung des Kilimandscharo auf der Marangu Route in Tansania. (Die Panotour und der Blog-Eintrag dafür sind noch in Arbeit.)
Er war fast für gesamte Strecke geeignet. Aber eben nur fast. Ich hatte mich für einen Lederstiefel aufgrund der warmen Region entschieden. Dabei hatte ich vergessen, dass die letzte Etappe komplett auf der eisigen Schneespitze des höchsten Bergs Afrikas gegangen wird. Und das „Pole Pole“, also das Ruhigmachen und sehr gemächliche Gehen, in der extremen Höhenlage , übertrug auf der letzten Etappe in Schnee und Eis die Kälte direkt in meine Schuhe. Noch ein Jahr danach hatte ich ein leichtes Taubheitsgefühl an den Spitzen meiner Zehen. Für die anderen Etappen tat der BORNEO von Meindl allerdings wirklich gute Dienste: Die hochgezogene Gummi-Umrandung gab mir die Sicherheit einfach durch die vielen lehmigen Pfützen durchzumarschieren, das Leder bot die gewünschte Atmungsaktivität, das Profil bot perfekten Halt und die harte Sohle entlastete meine Fußsohlen auch auf den unebensten und steilsten Teilstücken. Letzteres war wiederum mein Untergang, als ich mit diesen Schuhen den Rennsteig wandern wollte. Wegen der harten Sohlen überlastete ich meine Knie auf den sehr langen und schnell zu gehenden Etappen. Diese verliefen auch viel über längere Teer- und Schotterstrecken. Darum musste ich den Rennsteig auch nach zwei Etappen abbrechen.
Alles auf die Liste packen, auch die Stiefel
Was mich gleich zu meinem zweiten Paar echter Wanderstiefel bringt. Mit Ihnen ging ich die Rennsteig-Etappen 3 bis 6 – obwohl ihr Kauf zwei ganz andere Gründe hatte: erstens, die Tour du Mont Blanc und, zweitens, dass man auf seiner Vorbereitungsliste wirklich nichts auslassen sollte. Sogar die Dinge, die eigentlich keiner Liste bedürfen, nämlich die Wanderschuhe. Erst auf halber Fahrtstrecke zum Startpunkt Chamonix viel mir ein, dass ich das Wichtigste für meine Wanderung vergessen hatte. In der Schweiz hatten schon alle Geschäfte zu. Aber in Frankreich konnte ich zu späterer Stunde doch noch einen Ausstatter finden. Mir war klar, dass es heikel werden würde, 12 Tage lang um den Mont Blanc herum zu gehen, mit Schuhen, die ich vorher noch nie getragen hatte. Aber jede Menge Tape zum Abkleben meiner Füße hatte ich nicht vergessen. Irgendwie machten die neuen Schuhe die Mont Blanc Umrundung auch noch spannender.
Die Verkäuferin hatte leider kein wirkliches Interesse, mich zu beraten. Was dazu führte, dass die Wanderschuhe zwar gut passten. Aber ich hätte noch eine Größe größer wählen sollen – also mehr als die empfohlene halbe Nummer als die sonst getragene Schuhgröße. Und – das ist mir erst viele Jahre später bei der Vorbereitung zu diesem Artikel klar geworden – diese Schuhe sind eigentlich ein Paar für Frauen. Was allerdings vielleicht gar nicht so schlecht ist, wenn die eigenen Füße vorne sehr breit sind und die Fersen vergleichsweise schmal. Bei dem Paar handelt sich um den Trekkingstiefel Vortex GTX von TECNICA (Link zu Globetrotter.de)*, der heute nicht mehr hergestellt wird.
Ein wirklich sehr gutes Paar Wanderschuhe, atmungsaktiv und mit einer leichten, nicht zu harten Sohle. Geeignet auch für lange ebene Strecken, und doch so robust, um unwegsames und felsiges Gelände gut zu bewältigen. Aber die Tour du Mont Blanc bot wirklich alles auf, um die Schuhe an ihre Grenzen zu bringen. Und so hinken die Schuhe in einem Punkt hinterher: der seitliche Schutz war nicht 100% ausreichend. Ein langer und steiler Abstieg auf scharfem Schiefer-Geröll wurde zu einem unvergesslichen, weil schmerzhaften Erlebnis.
Überhaupt bieten die Schuhe gegen seitliche Felseinwirkung wenig Schutz, da die Seiten nicht zusätzlich verstärkt sind. Und ein müder Fuß ist einfach sehr sensibel. Dennoch haben mich die Stiefel gut von Chamonix wieder gut zurück nach Chamonix gebracht. Zudem hatte ich mich daran gewöhnt, morgens fast meinen kompletten Fuß inklusive der Zehen mit Leukoplast zu übersehen, um Blasen vorzubeugen. Wenn es nicht zu extrem wird, ist der Schuh ein guter Allrounder. Schließlich absolvierte ich dann auch die vier Schlussetappen meiner Wanderung, dich oben schon mal angesprochen habe, und die ich nur einen Monat nach der Tour du Mont Blanc gegangen bin: der Rennsteig. Ein Jahr später folgte dann auch noch der GR221 auf Mallorca. Von mal zu mal mit weniger Tape am Fuß, doch nie ganz ohne.
Der gute alte Lederstiefel
Irgendwann hatte ich mir gesagt, dass ich eben mit getapten Füßen wandern muss. Dabei muss das wirklich nicht sein, wenn man sich seine Alltagsschuhe betrachtet. Denn auf vielen Strecken taten Lederstiefel, die ich auch im Alltag genutzt hatte, einen super Dienst – etwa auf einer kurzen Nachholetappe des GR221 auf Mallorca, für meine Wanderungen auf den Lion’s Head sowie verschiedene Aufstiege auf den Tafelberg in Kapstadt und schließlich auch die Besteigung des Pico Turquino auf Kuba. Heute eher unkonventionell und selten an Wandererfüßen zu sehen, sind traditionelle Lederboots. In meinem Fall waren das die Earthkeepers 6-Inch-Stiefel von Timberland (Link zu Goertz.de)*.
Das Leder ist Robust, die Sohlen weich aber stabil, und die Stiefel reichen weit über die Knöchel hinaus. So bieten sie Trittfestigkeit und Sicherheit auch in steinigem Gelände und sind perfekt für Tagestouren. Bei Mehrtagestouren würde ich trotzdem zu modernen Wanderschuhen greifen, da ihr Material weniger nachgibt, sie den Füßen noch festeren Halt und mehr Entlastung bieten und auch über Nacht besser trocknen.
Einzig Joggingschuhe sind beim Thema Trocknen und Luftzirkulation noch besser. Und ja, ich bin auch schon in meinen Sportschuhen wandern gewesen. Genauer: ein Paar Asics Gel Nimbus 18 (Link zu jogging-point.de)*.
Aber ich hatte dabei wirklich Glück. Für eine meiner Wanderungen im Viñales-Tal auf Kuba bin ich mit ihnen einfach drauf losmarschiert, in der Annahme, dass es sich bei dem beschriebenen Weg eher um einen Spaziergang handelte. Aber weit gefehlt. Ein langer, steiler Treppenaufstieg hoch wird meist auch von einem steilen rutschigen Abstieg gefolgt. Wenn es dann auch zwei Tage zuvor viel geregnet hat, sollte man nie davon ausgehen, dass der Weg schon wieder komplett trocken ist, besonders in karibischen Breiten. Besser, man geht von der Variante „total durchgeweicht“ aus. Mit Joggingschuhen zu wandern, davon rate ich dringend ab. Die Reste der vielen Lehmpfützen, die sich noch immer in den Ritzen meiner Laufschuhe befinden, sind meine Zeugen. Sicherheit hat auf Wanderungen höchste Priorität. Und man trägt auch nicht nur die Verantwortung für sich selbst. Wenn etwas passiert, zieht das meist auch andere mit rein. Und das richtige Schuhwerk ist die Basis für eine sichere Wandertour.
Das Licht am Ende des Leidensweges
Was mich zu meinem letzten Paar Wanderstiefel bringt. Wie oben bereits erwähnt, nahm ich an, dass Wandern und Blasen an den Füßen eine ganz natürliche Kombination bei mir sind. Aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass vielleicht doch noch was möglich ist. Drei Dinge waren entscheidend, dass ich schließlich mein perfektes Paar fand: Ich war bereit, etwas mehr Geld auszugeben, das Aussehen der Schuhe war mir weitgehend Schnuppe und ich nahm mir jede Menge Zeit. Denn auch die kleinste Ahnung, dass ein Schuh vielleicht eventuell irgendwann in weiter Zukunft womöglich an einer kleinen Stelle ein bisschen drücken oder den Fuß aufreiben könnte, muss zum Kaufabbruch führen. Denn so ein Gefühl, wird meiner Erfahrung nach immer mit Blasen gekürt – spätestens nach zwei Stunden der ersten Wanderung. Ich ging von Geschäft zu Geschäft, probierte Schuh um Schuh, manchmal sogar das gleiche Modell in gleicher Größe nur in einer anderen Stadt. (Natürlich nicht gezielt, sondern weil zufälligerweise gerade ein Outdoor-Geschäft auf dem Weg lag.) Man mag es kaum glauben, aber wirklich jeder Schuh ist anders. Und wenn mir ein Modell gefiel, dann testete ich es zur Sicherheit immer nochmal eine ganze und eine halbe Nummer Größer sowie eine halbe Nummer kleiner. Klingt nach einem sehr anstrengenden Kunden. Aber man kann meist ganz einfach das Modell in unterschiedlichen Größen in einen Laden bestellen, um die Paare dort beim nächsten Besuch anzuprobieren. Das eigentliche Paar der Wahl, sollte man sich natürlich zurücklegen lassen. Und dazu habe ich mich auch nicht davon hinreißen lassen, das Modell online ein paar Euro günstiger zu kaufen. Wie gesagt, kein Schuh gleicht dem anderen, auch wenn er den gleichen Namen trägt. Und mein Paar hatte ich im Geschäft auch schon fast schon eingelaufen: Die dortige Modellstrecke mit Treppen und kleinen Steigungen auf verschiedenen Untergründen nutzte ich ausgiebig zum Schuhtest. Beim sechsten oder siebten Mal wurde es mir zwar etwas peinlich. Aber was soll’s. Da musste ich durch. Und am Ende fand ich mein erstes Paar Wanderschuhe, das mich ganz ohne Blasen und absolut Trittfest zum Ziel gebracht hat: Der Meindl Eppan GTX (Link zu Globetrotter.de)*.
Ich muss zugeben, dass ich damit noch keine mehrtätigen Touren gelaufen bin. Aber immerhin haben sie mich ganz ohne Tape oder Blasenflaster gemütlich auf den Kanisfluh im Bregenzer Wald gebracht. Der Schuh ist sehr breit, bietet aber durch eine leichtängige Schnürung sehr festen Halt. Aufgrund des Gore-Tex Futters wird er beim Laufen zwar recht warm, allerdings hatte sich weniger Schweiß gesammelt als vorab vermutet. Zudem trocknet das Material sehr schnell.
Bis jetzt ist es mein perfekter Allrounder. Für ein finales Urteil muss ich natürlich noch die ein oder andere herausforderndere, mehrtätige Trekkingtour wandern. Ich bin gespannt wie es mit diesen Schuhen wird – und freue mich so oder so darauf. Auch, weil es höchstwahrscheinlich blasenfrei wird. Wenn es soweit ist, werde ich berichten. Melde dich doch für meinen Newsletter an und bleib auf dem Laufenden!
Fazit, Tipps und Tape am Finger
Es gibt sie, richtigen Wanderstiefel. Die, die perfekt zum Fuß passen und die, die perfekt zum Weg passen. Bei extrem unterschiedlichen Etappen wie bei der Besteigung des Kilimandscharo, läuft es darauf hinaus, sogar mehrere Paar Schuhe auf einer Reise mitzuführen. Hier meine grundsätzlichen Empfehlungen:
Wenn es eisig kalt wird (vereiste Gipfel / Schneewanderung): besser Gore-Tex.
Wenn es heiß wird (Sommer-Touren, Äquatornähe): besser Leder.
Lang und schnell auf hartem Untergrund (z.B der Rennsteig): weiche Sohlen.
Steil bergauf (z.B. Bergbesteigungen): harte Sohlen
Eintagestouren: im Alltag erprobte Lederstiefel / Stiefeletten möglich
Joggingschuhe: Nein
Von Schuhen, die nicht über die Knöchel reichen, rate ich dringend ab. Kurz umgeknickt verwandelt sich ein lang ersehntes Wandererlebnis in eine Qual, für einen selbst und für andere. Je weiter entfernt von Dörfern und Straßen, desto qualvoller – beziehungsweise teuer. Ja, man kann fast überall Hilfe per Mobiltelefon erreichen. Aber auch nur fast. Und eine Bergrettung ist nicht ohne. (Eine Mitgliedschaft im Alpenverein (Link zum Alpenverein) lohnt sich nicht nur wegen vergünstigter Übernachtungen auf den Alpenvereinshütten.) Außerdem verschleißen die meist heiß geliebten Sportschuhe viel zu schnell.
Ich persönlich bevorzuge ab sofort meine neuen Allround-Trekkingsstiefel. Außer es geht irgendwann wieder in sehr steile alpine Gefilde. Wahrscheinlich werde ich dafür wieder auf die Suche gehen müssen. Wer weiß, wie doof Blasen sind, sollte alles versuchen, sie zu vermeiden. Sogar an den Fingern. Hier mein letzter Tipp für den Schuhkauf: Die Hände oder Finger an den Stellen mit Tape verbinden, an denen man die Schnüre der Schuhe festzieht. Ich hatte so viele Schuhe an einem Tag anprobiert, dass … naja, hinter ist man immer schlauer. Dieses Mal vielleicht schon vorher. Viel Spaß und Erfolg beim blasenfreien Wanderschuh-Kauf!